Salutschüsse für einen Hahn
- info821706
- 17. März 2022
- 3 Min. Lesezeit
Mit uns Menschen ist das schon eine sonderbare Geschichte. Wir zetteln Kriege an, bringen uns gegenseitig um, quälen Tiere, um möglichst effizient Fleisch zu produzieren, schmeißen Nahrungsmittel weg, während andere Menschen verhungern, aber wenn dann ein Wolf, Bär oder Fuchs bei uns vorbei kommt und ein Tier reißt, dann brennt der Hut. Verluste können wir Menschen nicht hinnehmen. Wehe es wird uns etwas weggenommen. Wenn wir uns aber etwas nehmen, sei es Land, Wasser oder Luft, das ist in Ordnung. Es steht uns schließlich zu. Oder?
Wir Menschen leben ohne Rücksicht auf Verluste, Rücksicht auf andere. Diese Rücksicht ist etwas, was ich meinen Kindern unbedingt mitgeben will. In einer Welt der rasanten Veränderung werden sie es brauchen um zu überleben. Lernen kann man das meiner Meinung nach aber nur auf die harte Tour - durch Verlust - und genau diesen konnten meine Zwerge heute erleben.
Mit Freunden kommen Kinder auf die spannendsten Ideen. Manche davon sind beeindruckend, manche davon sind für außenstehende lustiger, als für die Eltern selbst und manche sind einfach nur dämlich.
Gestern hatten die Kinder eine Idee der Kategorie dämlich. Sie fanden es lustig unsere Hühner zur Schlafenszeit (der Hühner, nicht der Kinder) in ihrem Gehege zu jagen und mit Stöcken die automatische Hühnerklappe zu blockieren.
Die Hühner trauten sich also nicht nach Hause, die Hühnerklappe funktionierte schlussendlich nicht ordentlich, aber die Kinder hatten Spaß.
Einer der keinen Spaß hatte, ist Pythagoras. Als Herr im Haus hat er die Aufgabe für die Sicherheit der Damen zu sorgen. Er geht erst schlafen, wenn alle ruhig am Stock sitzen. Diese Aufgabe hat er auch gestern perfekt ausgeführt, er selbst war allerdings zu langsam und konnte nicht mehr ins Hühnerhaus.

An diesem Punkt kommt die Natur ins Spiel und jemand der uns anscheinend schon länger des nächstens besucht.
Der Fuchs.
Der hat die Möglichkeit im wahrsten Sinne des Wortes beim Schopf gepackt. Denn von Pythagoras war nicht viel mehr als Popsch und Beine übrig. Und man kann nur von Glück sprechen, dass er nicht seine ganze Energie ins reißen von Hühner gesteckt hat, denn die halbgeöffnete Hühnerklappe hätte er eigentlich auch noch locker knacken können und uns so den gesamten Stall leer räumen.
Die Moral von der Geschichte:
wenn wir rücksichtslos mit unserer Umgebung umgehen, hat das unabsehbare Folgen. Hoffentlich ist das Bild vom halben Hahn auch bei unseren Kindern angekommen. Doch was, abgesehen vom Tod eines Tieres, sind die Folgen dieser Aktion?
Der Fuchs: Der hat Blut geschleckt und wird uns in den nächsten Tagen häufiger besuchen. Bei uns gehört der Fuchs zum Hof dazu. Nur wenn er ab und zu ein Huhn holt, kennt der Rest der Herde die Gefahr und das ist gut und wichtig. Gleichzeitig eröffnet sein Besuch die Hühnersaison. Ab jetzt sind die Chancen auf Verlust mindestens genauso groß, wie die Chancen auf Nachwuchs.
Die Herde: wenn der führende Hahn wegfällt gibt's Meuterei im Stall. Führungslose Damen sind ... ich sag's nur ungern ... unausstehlich. Derzeit haben wir noch 3 weitere Hähne. Die werden jetzt erst mal raufen, wem die freigewordene Position zusteht. Bis das geklärt ist, hat der Fuchs auch tagsüber gute Chance Beute zu machen.
Die Zucht: Pythagoras kann auch in Abwesenheit noch für Nachwuchs sorgen. Hahnensperma kann bis zu 6 Wochen in der Henne bleiben. Es bleibt also spannend, ob eine unserer Damen in den nächsten 6 Wochen zu glucken beginnt. Dieser Wegfall hat demnach auch zuchttechnische Folgen.
What ever ...
Pythagoras hatte die Leitung nicht lange, aber er hat - den Kampfspuren nach zu Urteilen - heroisch gehandelt und tapfer gekämpft. Dafür gebührt ihm Anerkennung und Dank.
Und so wollen wir ihn noch einmal hoch leben lassen und daran denken, dass ein Hahn, sei das Leben auch noch so kurz, es genauso verdient hat über die Wiese zu spazieren wie wir. Mehr noch pflegt und formt er seine Umgebung auf positive Art und Weise, kümmert sich um das Wohlergehen seiner Damen und ist somit durchaus dafür mitverantwortlich, dass wir Eier und Fleisch von diesen spannenden Tieren haben, die Wiesen weniger Verwurmung aufweisen und ab und zu ein Dinkelkorn in der Wiese aufgeht.

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